Gemeinde
Gohrisch

Sächsische Schweiz

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Papstdorfer Geschichten

Früher war es im Dorf üblich, dass im Winter reihum beim Federn schleissen oder anderen Zusammenkünften, nicht nur Dorfklatsch , sondern auch Scheechgeschichten, erzählt wurden.
Beim Erzählen vom „Matzel", dem „Huck auf" und den „Dreibeenchen Häckerkasten" bekamen wir als Kinder im Unterdorf, vor allem in der Liethe, oft das Gruseln.
Als die Geschichte vom „Flocki" passierte, gab es in unserem Orten wenige Autos.
Es ist anzunehmen; dass beim „Gerumpel" durch die Hundehütte es weithin zu hören war und die Gruselgeschichte vom „Dreibeenchen Häckerkasten" entstand.
Die Stelle, wo der „Huck auf" sein sollte, mieden wir. Im Dunkeln wechselten wir die Straßenseite.
Das ist auch heute noch ratsam, weil die Stelle in einer Kurve zwischen Papstdorf und Kleinhennersdorf liegt – nun aber wegen dem vielen Autoverkehr.


Elvira Tradel


Eine „Scheechgeschiche"
Meine Eltern wohnten auf dem Dorf in einem Auszughaus auf einem Bauernhof. Neben allen Tieren musste natürlich ein Hund auf dem Hofe sein. Auf unserem Hof hatten wir Einen. Eine „echte Promenadenrasse", von jeder Rasse etwas. Er hieß „Flocki". Wir sagten immer, es sei eine Abkürzung von „Flohkiste". Er war unser Liebling, mit ihm konnten wir alles anstellen, er ertrug es mit stoischer Ruhe, wenn wir es aber zu toll mit ihm trieben, dann knurrte er und zeigte uns die Zähne. Zu uns Kindern war er sehr gutmütig, wenn aber ein Fremder den Hof betrat, konnte er sehr giftig werden und fuhr dem Fremdling in die Beine. Manche Hose hat dabei ein Loch bekommen. Unseren Vater war er besonders zugetan. Mein Vater arbeitete in Pirna in den Zellstoffwerken in zwei Schichten. In der Nachtschicht kam er erst gegen ein Uhr nach Hause. Er fuhr mit dem Zug bis Bad Schandau und hatte dann noch einen Fußmarsch von ca. ¾ Stunde. Das war gar nicht so einfach, er musste durch eine „Gefahrenzone" und dort „scheechte" es. In der „Liethe" war ein Zentralpunkt, wo sich die Geister bewegten. Da kam die „Frau ohne Kopf" der „Huckauf" und der „Dreibeenche Häckerkasten". Wir Kinder waren immer froh, wenn wir an dieser Stelle am Tage vorüber waren. Aber in der Nacht... Nun hatte Flocki die Angewohnheit, wenn mein Vater von der Nachtschicht kam, ihm ein großes Stück entgegen zu gehen (ca. 1 1/2km). Ich weiß nicht, woher er wusste, das mein Vater Nachtschicht hatte. Er lief meist bis zur „Säule". Dort setzte er sich hin und wartete bis mein Vater kam. Da gab es erst eine stürmische Begrüßung und dann lief er neben meinem Vater her, rannte ein Stück vor und drehte sich dann um, ob mein Vater auch nachkäme. So ging es bis nach Hause. Unseren Bauern gefielen diese nächtlichen Ausflüge ganz und gar nicht. Also wurde Flocki zu seinem großen Leidwesen abends an die Hundehütte gekettet.
Gleich am ersten Tage geschah folgendes: Mein Vater hatte wieder Nachtschicht. Als er an der „Säule" war, war aber kein Flocki da. Plötzlich hörte er von Ferne in der „Liethe" ein Gerumpel. Sollte die „Scheechgenossenschaft" unterwegs sein? Furcht kannte mein Vater nicht. Er wollte ja nach Hause. Nach kurzer Zeit rumpelte es ganz nahe. Sehen konnte er nichts, es war ja Nacht und dunkel. Mitten auf der Straße saß Flocki mitsamt seiner Hundehütte und sah ihn treuherzig an. Er hatte das Gerumpel verursacht, indem er seine Hundehütte hinter sich herzog. Was blieb meinem Vater übrig, er musste die Hütte nach Hause tragen. Er hat es gern getan. Die Treue von Flocki war es ihm wert. Und etwas Gutes hatte die Sache doch, Flocki wurde abends nicht mehr angekettet.
Aufgeschrieben von Johannes Hoffmann (1907 – 2005)
Mit Unterstützung von W. Fritzsche, ehem. Lehrer in Papstdorf


 

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